Der ALLTAG ist unser ALLTAG – TZFF Newsletter Winter 2023

So unspektakulär das auch klingen mag, aber exakt so ist es. Unsere Welt ist der Alltag – genauer gesagt der Trainingsalltag mit kunstturnbegeisterten Mädchen. Nichts mehr, aber auch nichts weniger. Da kennen wir uns aus. Das ist unsere Aufgabe, das ist unsere Kompetenz. Seit über drei Jahrzehnten.

Währenddessen hat sich die Welt um uns herum schon einige Male gedreht. Gesellschaftliche Entwicklungen haben stattgefunden. Der Schulalltag hat sich verändert, Erziehungsmethoden haben sich gewandelt, Familienstrukturen sind vielfältiger geworden, Freizeitangebote zugenommen, eine digitale Welt hat Einzug gehalten. Parallel dazu gibt’s auch in unserer «Kunstturn-Bubble» Umwälzungen und Veränderungen. Der Schweizerische Turnverband als übergeordnete Instanz wird von diversen negativen Schlagzeilen durchgeschüttelt, das Image der «heilen» Turnwelt bröckelt. Ein Kulturwechsel wird angestrebt, Organisationsstrukturen entsprechend verändert, neue Namen kommen und gehen. Im regionalen Turnumfeld, im speziellen im Ostschweizer Leistungszentrum, ging es nicht weniger unruhig zu und her. Auch da überschlugen sich zeitweise die negativen Pressemeldungen, einhergehend mit regem Personalwechsel.

Aber wie im normalen Leben gibts vor, während und nach jedem noch so heftigen Sturm eine fixe Konstante. Etwas, wovor man den Kopf nicht einziehen oder weglaufen kann – die Konstante heisst ALLTAG. Trainingsalltag von Montag bis Samstag, jede Woche, jeden Monat, jedes Jahr. Ein professioneller Trainingsalltag kennt keine Unterbrechungen. Das ist manchmal unbarmherzig. Ob die Wetterlage noch so schief hängt, ein Skandal nach dem anderen die Turnwelt erschüttert, Vorwürfe im Raum stehen – egal: the show must go on! 

Aber wissen sie was? DAS IST GUT SO! Das passt uns, das ist unsere Kompetenz. Da fühlen wir uns wohl und sicher. Eine Halle gefüllt mit Turnerinnen, das ist unser Zuhause. Ich würde sogar behaupten, der Alltag hat uns so manches Mal vor «Verzweiflungstaten» gerettet. In vielerlei Hinsicht. Denn der Alltag ist ehrlich, der Alltag ist simpel der Alltag ist beruhigend – beim Alltag gibt’s keine Überraschungen, man weiss immer, was man hat. Es gibt nichts zu kaschieren, die Realität ist banal. Sie lehrt einem Demut.

Der Alltag ist das Schlussresultat jeder noch so verzwickten Problemstellung. Wie in der Mathematik. Am Anfang ist es eine riesige, komplizierte Gleichung. Ich kann sie aber mit Kompetenz vereinfachen, wegdividieren oder kürzen, sodass am Schluss nur noch das nötige Minimum stehen bleibt – sozusagen der nackte Alltag. Wenn man den im Griff hat, dann kann einem nichts erschüttern. Das ist das wahre Glück an erfolgreicher Alltagsbewältigung. Sicherheit und Zufriedenheit.

Leider wird der Wert von dieser zugegebenermasen unglamourösen Alltagsarbeit völlig unterbewertet. Darum lassen wir sie uns (noch so gerne) Schönreden oder aufregender Verpacken. Das ist eigentlich eine super Sache, denn das verleiht allen Beteiligten neuen Schwung und neue Motivation. Ein Beispiel: Man benennt ein Alltagstraining neu Kadertraining, oder Elite-Kadertraining, oder noch besser selektioniertes Elite-Kadertraining, oder ganz frech nationales selektioniertes Elite-Kadertraining. Und was passiert? Es wirkt oder scheint besser, qualitativ hochstehender, wertiger und motiviert ungemein. Irritierenderweise sind wir geneigt, je besser etwas «tönt», weniger kritisch zu sein. Passiert mir persönlich beim Wein-Kauf – habe ich doch die Tendenz, mich von vielen Medaillen auf der Etikette, einer schönen Flasche und einem nicht zu günstigen Preis schnell zum Kauf verführen zu lassen. Weinkenner amüsieren sich darüber, denn sie kaufen im Gegensatz zu mir mit Fachwissen und finden viel die edleren Tropfen mit unauffälligen Etiketten, meinst auch noch günstiger. Fazit: gut gemachte Verpackung kann uns blenden. Da hilft nur Fachwissen, um den wahren Wert und die Qualität zu erkennen. 

Das Anbieten eines stabilen, verlässlichen und professionellen Trainings-Alltags ist ein harter Knochenjob. Unspektakuläre Fleissarbeit, selten gewürdigt, mit wenig Aussicht auf Ruhm oder Ehre. Aber wissen sie was? Damit können wir in Mogelsberg wunderbar leben.